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Die Geschichte der Nullung

Veröffentlicht: 30. August 2006 Kategorie: Fachartikel

Keine Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Elektrotechnik hat derartig umfassende Wirkung auf die Ausführung bestehender und neuer elektrischer Anlagen.

Die Geschichte der Nullung
Quelle der Schutzmaßnahme Nullung ist derzeit ÖVE/ÖNORM E 8001-1 Abschnitt 10. Die historischen Wurzeln der Nullung in Österreich gehen bereits auf die Bestimmung EVW 1 "Sicherheitsvorschriften für elektrische Anlagen des elektrotechnischen Vereins Wien" aus dem Jahr 1927 zurück. In dieser zur damaligen Zeit verbindlichen Bestimmung wurden die "Leitsätze für Erdungen und Nullung in elektrischen Starkstromanlagen mit Spannungen bis 250 V gegen Erde" unter der Bezeichnung EVW 12 vom 1. September 1927 als Grundlage herangezogen. Diese Leitsätze des EVW 12 stimmen mit den von VDE mit Gültigkeit ab 1. Dezember 1924 herausgegebenen "Leitsätzen für Erdungen und Nullung in Niederspannungsanlagen" überein.
In diesen Leitsätzen des EVW wurde unter "Nullen" das Verbinden der metallenen Konstruktionsteile einer elektrischen Anlage mit dem Nullleiter verstanden. Daran hat sich bis heute nichts geändert.


Abb. 2: "Zweck der Nullung", entnommen aus EVW 12 vom 1. September 1927


Das Stichwort Nullungsbedingungen löst sicher bei jedem Elektrotechniker mehr oder weniger massive Erinnerungen an die Ausbildungszeit aus. Ab der Generation der Elektriker der frühen Nachkriegsjahre denkt dabei jeder an vier Nullungsbedingungen.

Es war allerdings nicht immer so. Die "Leitsätze für Schutzmaßnahmen in elektrischen Starkstromanlagen mit Betriebsspannungen unter 1000 V" VDE 0140/1932 kennen nur drei Nullungsbedingungen. In den äquivalenten österreichischen Bestimmungen Entwurf zur ÖVE-E 40/1955 (wurde übrigens mittels Runderlass Nr. 8 vom 1.7.1955 für verbindlich erklärt) ist bereits von vier Nullungsbedingungen die Rede. Mit der Elektrotechnikverordnung 1996 (rechtskräftig ab 8. März 1996) wurden aus den vier Nullungsbedingungen durch den Nachtrag 1b zu ÖVE-EN 1 Teil 1 wieder drei Nullungsbedingungen. Anhand dieser historischen Entwicklung soll die heutige Situation, die auch eine wesentliche Grundlage der Nullungsverordnung 1998 bietet, erläutert werden.

Gemäß den heute gültigen Bestimmungen erfolgt die Nullung durch Anschließen der zu schützenden Teile bei Leiterquerschnitten bis 6 mm2 Kupfer über einen getrennten Schutzleiter an den PEN-Leiter (TN-S-System) und bei Leiterquerschnitten ab 10 mm2 Kupfer auch direkt an den PEN-Leiter (TN-C-System). Die Nullung ist nur zulässig, wenn ein TN-System vorhanden ist und wenn die Nullungsbedingungen eingehalten werden.
Die Abschaltbedingung (ehemals erste Nullungsbedingung) verlangt, dass in der Fehlerschleife bei Erd- bzw. Körperschluß ein Kurzschlußstrom IK zum Fließen kommt, der die vorgeschaltete Sicherung (Ausschaltstrom IA=m.IN; m=1,6 ... 5 ... 10 ... (20)) zuverlässig zum Abschalten bringt.

Abschaltbedingung (= 1. Nullungsbedingung): IA ≤ IK=UN/ZSchl

Kann die Abschaltbedingung in Sonderfällen z.B. bei langen Stromkreisen zur Versorgung von Verbrauchern durch Sicherungen oder Leitungsschutzschalter nicht eingehalten werden, dann ist zur Erfüllung der Abschaltbedingung der Einbau eines Fehlerstromschutzschalters zulässig. Um bei Kurzschlüssen zwischen Außenleiter und Neutralleiter eine sichere Abschaltung zu gewährleisten, muss derzeit zumindest der zweieinhalbfache Nennstrom der nächsten vorgeschalteten Sicherung bzw. des nächsten vorgeschalteten Leitungsschutzschalters zum Fließen kommen.
Die Erdungsbedingung (ehemals 2. Nullungsbedingung) fordert die Erdung des neutralen Leiters in Form der Betriebserdung, meist Erdung des Sternpunktes der Quelle, sowie die Erdung nahe den Enden der Netzausläufer (Netzausläufer = Abzweige mit einer Länge von mehr als 100 m). Wegen eines allfälligen Erdschlusses des/der Außenleiter/s ist überdies ein relativ geringer Erdungswiderstand der Betriebserdungen des jeweiligen Netzes erforderlich, um eine Potentialanhebung um mehr als 65 V gegenüber der Bezugserde zu verhindern (Spannungswaage).

Die Verlegebedingung (ehemals 3. Nullungsbedingung) verlangt, dass hinsichtlich Ausführung, Dimensionierung und Verlegung die gleichen Kriterien wie bei den Außenleitern angewandt werden. Überdies dürfen PEN-Leiter nicht schaltbar oder gesichert sein (Ausnahme: Abschaltung erfolgt für N-Leiter beim Ausschalten nacheilend und beim Einschalten voreilend).

Die ehemals vierte Nullungsbedingung (für die es keinen neuen Namen gibt), die eine Verbindung sämtlicher guter Erder im Einzugsbereich des PEN-Leiters verlangt, wurde im Nachtrag 1b zu ÖVE-EN 1 Teil 1 ersatzlos gestrichen. Die Forderung nach Erfüllung der vierten Nullungsbedingung ist in der Regel bereits über den Hauptpotentialausgleich gegeben. Damit ist sichergestellt, dass alle leitfähigen Teile, die generell Erdpotential aufweisen sollen, auch tatsächlich Erdpotential führen. Damit ist der PEN-Leiter (der im Fall der Nullung sogar wirklich als Nullleiter bezeichnet werden darf) in seinem ganzen Verlauf eng mit Erdpotential verbunden. Somit kann zwischen dem PEN-Leiter und der Bezugserde (weit entfernte Erde) keine Potentialdifferenz auftreten.
Das Geheimnis der Nullung besteht in erster Linie in der Tatsache, dass gar keine nennenswerte Berührungsspannung auftreten kann, und dass ein Fehler durch Einhaltung der Abschaltbedingung in kürzester Zeit abgeschaltet wird.

Der wesentliche Nachteil der Nullung darf an dieser Stelle auch nicht unbesprochen bleiben. Er besteht darin, dass im Fehlerfall beträchtliche Ströme, eben die Abschaltströme der Überstromschutzorgane fließen, ja zur ordnungsgemäßen Funktion fließen müssen. Dadurch kann kein Schutz gegen Brände, die durch Erdfehlerströme entstehen, erreicht werden. Dieser Nachteil wird dadurch entschärft, dass von allen Netzbetreibern in ihren Ausführungsbedingungen die Forderung nach einem ergänzenden Fehlerstromschutzschalter aufgestellt wird. Durch das dreistufige Schutzkonzept ist über den, für Stromkreise mit Steckdosen bis 16 A erforderlichen Zusatzschutz und zahlreichen Forderungen nach dem Zusatzschutz für Anlagen besonderer Art (Schwimmbäder, Sauna, Unterrichtsräume mit Experimentierständen, landwirtschaftliche Betriebsstätten und gartenbauliche Anwesen, Bootsanlegeplätze, Stromversorgungen auf Campingplätzen, medizinisch genutzte Anlagen) der Fehlerstromschutzschalter ohnehin integraler Bestandteil der Schutzmaßnahmenausführungen.